Aus der Wohnung ausgesperrt: Teuren Schlüsseldienst wegen Wucher belangen?

Es ist so leicht passiert: Man eilt aus der Wohnung, um den Bus nicht zu verpassen, zieht die Tür zu – und merkt dann erst, dass der Schlüssel noch in der Wohnung liegt. Wer jetzt keinem Bekannten einen Zweitschlüssel anvertraut hat, der muss tief in die Tasche greifen: Schlüsseldienste sind nicht billig. Wann die Grenze zum strafbaren Wucherpreis überschritten ist – damit haben sich jetzt drei Instanzen der NRW-Justiz beschäftigt.

Es ist so leicht passiert: Man eilt aus der Wohnung, um den Bus nicht zu verpassen, zieht die Tür zu – und merkt dann erst, dass der Schlüssel noch in der Wohnung liegt. Wer jetzt keinem Bekannten einen Zweitschlüssel anvertraut hat, der muss tief in die Tasche greifen: Schlüsseldienste sind nicht billig. Wann die Grenze zum strafbaren Wucherpreis überschritten ist – damit haben sich jetzt drei Instanzen der NRW-Justiz beschäftigt.

Düsseldorf. Die überteuerte Rechnung eines Schlüsseldienstes ist nicht in jedem Fall als strafbarer Wucher zu beurteilen. Eine Verurteilung wegen Wuchers käme nur in Betracht, wenn der Dienstleister eine Zwangslage des ausgeschlossenen Wohnungsbesitzers ausbeute. Das hat das Oberlandesgericht Köln in einem gestern (1. März 2017) veröffentlichten Urteil entschieden und damit einen Schlüsseldienstanbieter freigesprochen (Urteil vom 22.11.2016, Az.: 1 RVs 210/16).

Im verhandelten Fall lag die Angelegenheit so: An einem Samstagnachmittag hatte sich ein Mann aus seiner Wohnung ausgeschlossen. Er rief deswegen den Schlüsseldienst. Dieser konnte die Tür mit einer Plastikkarte in nur einer Minute öffnen. Für seine Arbeit stellte der Handwerker 320 Euro in Rechnung. Die Staatsanwaltschaft hielt höchstens 130 Euro für angemessen und klagte den Betreiber des Schlüsseldienstes wegen Wucher an.

Keine Zwangslage ausgenutzt – kein Wucher

Allerdings sprachen nicht nur Amts- und Landgericht, sondern schließlich auch das Oberlandesgericht den Mann frei. Wegen Wucher könne er nur verurteilt werden, wenn er eine Zwangslage des Kunden ausgenutzt hätte. Sich aus der Wohnung ausgesperrt zu haben sei aber an sich noch keine Zwangslage. Dafür müssten erschwerende Umstände hinzukommen – etwa ein Rohrbruch in der Wohnung, ein eingeschlossenes Kind oder laufende Elektrogeräte, die einen Brand verursachen könnten.

Da es im vorliegenden Fall keine solche Notsituation gab, hätte der Betroffene nicht unverzüglich den Schlüsseldienst rufen müssen – zumal ihm auch ein Nachbar Hilfe angeboten hatte. Es sei insofern genug Zeit gewesen, um sich bei verschiedenen Anbietern nach Preisen zu erkundigen, bevor der Auftrag erteilt wurde.

Das Urteil ist rechtskräftig. Es bedeutet aber nicht unbedingt, dass der Kunde die Rechnung des Schlüsseldienstes auch in der vollen Höhe bezahlen muss. Mit dieser zivilrechtlichen Frage hat das Gericht sich im Strafprozess natürlich nicht beschäftigt. Es wies aber darauf hin, dass der zivilrechtliche Schutz des Geschädigten zu beachten sei: Wenn vor der Dienstleistung durch den Schlüsseldienst kein Preis vereinbart werde, müsse der Auftraggeber nur eine übliche Vergütung und keine überhöhte Rechnung zahlen. Wenn der Anbieter wegen der Notlage einen Wucherpreis durchsetzen könne, sei das Rechtsgeschäft nichtig. Es ist daher nicht unwahrscheinlich, dass es in der Sache noch ein Zivilverfahren geben wird.

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Hinweis: Entscheidungen der Rechtsprechung sind sehr komplex. Eigene juristische Bewertungen ohne fachkundige Kenntnis sind nicht empfehlenswert. Ob dieses Urteil auch auf Ihren Sachverhalt Anwendung findet, kann Ihnen als Mitglied daher nur ein Rechtsberater in einem Haus & Grund – Ortsverein erklären.

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